18.06.2015
EIFAAC – Internationales Symposium zur Freizeitfischerei in Lillehammer
LSFV Verbandsbiologe Thomas Klefoth war vom 15. – 17.06. auf dieser Fachveranstaltung von internationaler Bedeutung. Er berichtet hier über aktuelle Trends und Meinungen in der Angelfischerei und bietet einen Blick über den Tellerrand ins europäische Ausland.
Wie steht es anderswo mit der Akzeptanz der Angelfischerei? Was halten unsere Nachbarn von Catch&Release? Wie geht es in Europa voran mit der Umsetzung der WRRL?
Spannende Fragen, denen sich die Angler, aber auch die politischen und behördlichen Entscheidungsträger in naher Zukunft dringend stellen müssen. Diesen ersten Bericht lesen Sie hier in voller Länge.
Abschließend bieten wir dann alle Berichte als PDF zum download an.
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Am Tag 1 der Konferenz wurden zunächst drei Grundsatzreden durch Prof. Dr. Arlinghaus (IGB Berlin), Mark Lloyd (Angling Trust UK) und Dr. Eva Thorstad (NINA Norwegen) gehalten.
Alle drei Reden zeigten eindrucksvoll die zukünftigen Herausforderungen der Angelfischerei in Europa und sind unmittelbar auf Deutschland und auch Niedersachsen übertragbar.
An erster Stelle stehen der gesellschaftliche Wandel und veränderte Einstellungen gegenüber Natur- und Tierschutz.
Zunehmend mehr Menschen wohnen in Städten und stehen Aktivitäten wie der Angelei grundsätzlich kritisch gegenüber. Diese Tendenz wird sich in den nächsten Jahren voraussichtlich noch verstärken. Gleichzeitig gibt es aber eine generell sehr hohe Akzeptanz der deutschen Bevölkerung gegenüber der Angelei als wirksames Managementinstrument für gesunde Fischbestände. Dies schließt die Entnahme ungewollter oder fremder Fische genauso ein wie das Zurücksetzen wichtiger Laichfische oder bedrohter Arten.
Diese selektive Entnahme geangelter Fische findet in Deutschland wie international eine überragende gesellschaftliche Akzeptanz! Die Bevölkerung steht hier also auf der Seite der Angler, politisch ist diese Botschaft aber noch nicht vollständig durchgesickert.
Gleichzeitig wird von den Angelgegnern irgendwann die ultimative Frage nach der grundsätzlichen Legitimation des Angelns gestellt werden. Wir sollten uns schon heute auf diesen Konflikt einstellen und dafür fest in der Gesellschaft verankern!
Wie ein Dachverband langfristig erfolgreich und zukunftsfest gestaltet werden kann, wurde vom „Angling Trust“ aus England beeindruckend vorgeführt. Neben einer glasklaren und leichtverständlichen Programmatik wurden sowohl Geldgeber als auch Kooperationspartner gefunden und in ein langfristiges Gesamtkonzept eingebunden. So setzt sich der „Angling Trust“ für freien Gewässerzugang, wenig Restriktionen und möglichst große Gewässerpools ein, ist aber gleichzeitig sehr aktiv im Natur- und Umweltschutz und will seine gesellschaftliche Relevanz durch soziale Projekte steigern. Dazu gehört das “Angeln als Therapie” genauso wie die Integration ausländischer Einwanderer und die Betreuung von Jugendlichen. Laut dem CEO Mark Lloyd tragen ein modernes Auftreten und die Nutzung sozialer Netzwerke wesentlich zum Erfolg bei. Nicht zu vergessen, dass zur Bildung der Organisation insgesamt 6 Verbände verschmelzen mussten. Dieser Vorgang war zäh und schmerzhaft, aber bereits nach nur sechs Jahren werden offensichtlich große Früchte geerntet.
Die europaweit rückläufigen Populationen von Lachs, Aal und Stör waren Ausgangspunkt der Rede von Eva Thorstad. Selbst im vermeintlichen Traumland Norwegen sind die Probleme der Wanderfische ähnlich groß einzuschätzen wie in Deutschland. Als Hauptproblem konnten beim Lachs die Fließgewässerdurchgängigkeit, Wasserkraft und Überfischung festgestellt werden. Beim Aal tappt man generell weiter eher im Dunkeln und hofft auf Fortschritte in der Aalzucht. Bis dies gelingt, falls es überhaupt gelingen kann, muss die Sterblichkeit der vorhandenen Tiere reduziert werden. Auch hier spielen Wasserkraft und die Durchgängigkeit der Gewässer eine zentrale Rolle. Keine große Überraschung also, dass es dem Stör ähnlich ergeht. Europaweit und insbesondere in Osteuropa sind Querverbauungen und Überfischung mit professionellem Gerät verantwortlich für die enormen Bestandsrückgänge. Riesige Wasserkraftanlagen, die aussehen als seien sie einer Kulisse aus „Herr der Ringe“ entsprungen, versperren die Wanderwege der Fische in Rumänien. Eine Fischtreppe gibt es nicht…. Leider sind dies keine Einzelfälle und wie das Wasserkraftwerk in Bremen-Hemelingen beweist, gibt es auch im reichen Deutschland genug Querverbauungen, die jede erfolgreiche Wiederansiedlung von Wanderfischen weitestgehend erfolglos machen.
Im Folgenden wurde durch Vorträge und Diskussionen intensiv das Management von Hecht und auch Zander durch Angler evaluiert.
Eine grundsätzliche Abkehr von reinen Besatzprogrammen zur Bestandsstützung ist weltweit sichtbar. Dies begründet sich schlicht durch deren langfristige Erfolglosigkeit und teilweise bisher unbekannte Risiken wie dem Verlust genetischer Ressourcen und veränderten Räuber-Beute Beziehungen. Interessant auch die stärker in den Fokus gerückte Bedeutung großer Laichfische. International werden Entnahmeregeln abseits von reinen Mindestmaßen (bspw. Entnahmefenster), der Schutz großer Fische und verbesserte Habitatstrukturen intensiv diskutiert. Auch die darauf folgenden Proteste durch Angler sind selbstverständlich ein Thema. Letztlich kann die Angelei, wie von Gesellschaft und Politik gefordert, nur erfolgreich sein, wenn traditionelle Bewirtschaftungsmethoden auf den Prüfstand gestellt werden und auch gestellt werden dürfen! Dies dient insbesondere dem Wohle heimischer und gesunder Fischbestände.