Dez 15, 2022
Am 12.12.2022 beschloss der Fischereirat der EU eine Neuregelung des Aalfangs und der Aalschonzeit.
In der Presse-Mitteilung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) vom 13.12.2022 heißt es:
“Die Freizeitfischerei von Aal wird im maritimen Bereich komplett verboten sein.”
Dabei sind Begriffe wie “maritime Gewässer” oder “maritimer Bereich” auf Nachfrage beim Ministerium offenbar überhaupt nicht geklärt.
In der offiziellen Berichterstattung des Fischereirates der EU spricht man von “Meeresgewässer und angrenzende Brackgewässer” (für den Bereich von Nord- und Ostsee).
Andere Quellen führen gar Meeresgewässer, Küsten- und Übergangsgewässer an.
Wir stehen in ständigem Austausch mit den zuständigen Ministerien auf Bundes- und Landesebene.
Bislang hat noch niemand die aktuell gültige Verbotszone rechtssicher benennen können.
Der AVN bezieht sich hier zunächst auf die Verlautbarung in der Pressemitteilung des BMEL.
Der AVN begrüßt, dass die Besatzmaßnahmen mit Jungaalen fortgeführt werden sollen.
Der Verband kritisiert das Totalverbot der Freizeitfischerei auf Aal, weil die bekannten Einflussgrößen / Sterblichkeitsfaktoren auf den Aalbestand völlig unterschiedlich mit Auflagen belegt werden.
(1) Die Entscheidung der EU-Kommission, die Freizeitfischerei komplett zu verbieten, fußt nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen.
Laut aktuellem ICES Bericht kann der Einfluss der Freizeitfischerei auf den Aalbestand nicht genau quantifiziert werden.
Der Ausschuss selbst nimmt aber einen Einfluss analog zur kommerziellen Fischerei an (ICES 2021).
Nach Wissensstand des AVN liegen zumindest für Niedersachsen keine nach wissenschaftlichen Standards erhobenen Daten zur Entnahme von Aalen aus den (freien) Küstengewässern oder den Meeresgewässern durch Anglerinnen und Angler vor.
Umso unverständlicher ist das Verhängen eines kompletten Fangverbotes!
Pohlmann et al. (2016) zeigten, dass fischereiliche Managementmaßnahmen (z.B. Erhöhung von Mindestmaßen in Kombination mit der Einführung von Entnahmelimits (baglimits)) und eine bessere Überwachung der Angelei zu erhöhten Abwanderungsraten von Blankaalen führen kann.
Es ist zudem wissenschaftlich nachgewiesen, dass erhöhte Mindestmaße und Entnahmelimits größtenteils KEINE negativen Auswirkungen auf die Anglerzufriedenheit haben. Außerdem unterstützen sie eine nachhaltig ausgerichtete Freizeitfischerei (Beardmore et al. 2011).
Folglich sollte eine Beangelung der Aalbestände auch in Niedersachsens Küstengewässern unter Berücksichtigung angemessener Entnahmeregelungen wissenschaftlich vertretbar sein. Diese Option wurde jedoch seitens des Fischereirates zu unserem großen Unverständnis offenbar komplett ignoriert.
(2) Ein unbegründetes Verbot der Freizeitfischerei ist ein Schlag ins Gesicht der organisierten Anglerschaft in Niedersachsen, die sich im Ehrenamt vehement für den Schutz des Aals engagiert hat.
Seit über 10 Jahren sind es die Angelvereine und Anglerverbände, die durch ihre Besatzaktionen im Rahmen der EU-Aalbewirtschaftungspläne maßgeblich dazu beigetragen haben, dass der Rückgang der Aalbestände in unseren Flusseinzugsgebieten gestoppt werden konnte.
In den (freien) Küstengewässern und im Meer werden keine Jungaale besetzt. Nahezu Aale, die dort gefangen werden, stammen aus Besatzmaßnahmen der niedersächsischen Angelvereine und Berufsfischer in den Mittel- und Oberläufen von Elbe, Weser und Ems.
Die Freizeitfischerei hier vollständig zu verbieten, ist auch vor diesem Hintergrund eine nicht nachvollziehbare Ungleichbehandlung.
(3) Weitere Einflussgrößen auf den Aalbestand müssen gleichermaßen beschränkt werden
Prädatoren: Der AVN ist dankbar dafür, dass Niedersachsens Landesregierung mit der aktuell gültigen Kormoranverordnung und ihrer Ergänzung (Runderlass mit Hinweisen zum Umgang mit Ausnahmeanträgen zur Kormoranvergrämung in Schutzgebieten) eine rechtliche Grundlage geschaffen hat, die eine Vergrämung auch an “hotspots” wie Wanderhindernissen in vielen Fließgewässern und auch in Schutzgebieten gestattet.
Wasserkraft: Dringend erforderliche Maßnahmen zur Senkung der Aalsterblichkeit in den bundesweit über 7.000 Wasserkraftanlagen werden zwar diskutiert, jedoch nicht umgesetzt.
Die EU-Kommission, die Bundesregierung und das Land Niedersachsen versäumen seit Jahren, klare Rahmensetzungen zum (fisch-)/aalschonenden Betrieb dieser Anlagen einzufordern.
Analog zu seinen Wahlprüfsteinen fordert der AVN die Landesregierung auf, unverzüglich, verbindlich und zu Lasten der Betreiber Monitoringdaten bereitzustellen, die eindeutig belegen, dass ein Fischauf- und abstieg durch jede einzelne Wasserkraftanlage schadfrei für Fische und Neunaugen stattfinden kann.
Außerdem müssen endlich wasserrechtliche Vollzugsdefizite an Wasserkraftanlagen behoben werden: z. B. unrechtmäßiger Schwallbetrieb, Nicht-Einhaltung von Mindestwassermengen, Funktionsuntüchtigkeit von Fischwanderhilfen.
Dieser Vollzug ist teilweise seit Jahrzehnten / der Inbetriebnahme der Anlagen überfällig und muss seitens der Landesregierung bei den zuständigen Wasserbehörden unverzüglich eingefordert werden.
Umsetzung Wasserrahmenrichtlinie (WRRL): Nach wie vor gehen wertvolle Lebensräume für den Aal verloren. Oder die Jungaale werden durch Querverbauungen, extreme Niedrigwasserstände, unrechtmäßigen Kraftwerksbetrieb etc. am Erreichen potenzieller Lebensräume gehindert. Gleiches gilt für die Abwanderung der Blankaale (s. a. Wasserkraft).
Wir brauchen die konsequente Umsetzung der WRRL mit aller Macht – jetzt!
Der AVN wird das Thema “Aal” mit der neuen Landwirtschaftsministerin, Miriam Staudte (GRÜNE), am 09.01.2023 bei einem persönlichen Gespräch erörtern und über die Ergebnisse des Treffens berichten.
An dieser Stelle auch der Verweis auf unseren Beitrag zur Aal-Schonzeit 2022.
Literatur:
Beardmore B., Dorow M., Haider W., & Arlinghaus R. (2011) The elasticity of fishing effort response and harvest outcomes to altered regulatory policies in eel (Anguilla anguilla) recreational angling. Fisheries Research 110, 136-148.
ICES. 2021. Joint EIFAAC/ICES/GFCM Working Group on Eels (WGEEL). ICES Scientific Reports. 3:85. 205 pp. http//doi.org/10.17895/ices.pub.8143
Pohlmann J.-D., Freese M. & Hanel R. (2016) Minimum landing size in European eel fisheries management: Limitations of simplistic management approaches in a semelparous species. ICES Journal of Marine Science: Journal Du Conseil 73 2509-2517.
Dez 18, 2017
18.12.2017
Beschlüsse zum besseren Schutz des Aals
Dr. Hermann Aeikens, Staatssekretär beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, äußerte sich jetzt zur Stellungnahme des Anglerverband Niedersachsen zum Aalfangverbot im Binnenland (hier geht’s zum download).
Nachdem Schweden seine Haltung pro Aalfangverbot im Laufe der Verhandlungen der Kommission aufgegeben hatte, wurden neue Lösungen für einen besseren Aalschutz gefunden.
Aeikens fasst sie wie folgt zusammen:
” – Grundsätzlich ist Aalfang weiterhin möglich,
– eine dreimonatige Schließzeit (“Schonzeit”) (innerhalb des Zeitraums 1. September 2018 bis 31. Januar 2019)
in den Meeresgewässern für die Berufsfischerei, (in Atlantik und Nordsee für Aale ab 12cm Länge, Anm. d. Red.)
– Verpflichtungen zur konsequenteren Umsetzung der Managementpläne in allen Mitgliedsstaaten sowie
– verstärkte Anstrengungen der Mitgliedsstaaten gegen den illegalen Fang und Handel in allen Mitgliedsstaaten.”
Seine Antwort können Sie hier herunterladen.
Weiterhin hat auch die Sustainable Eel Group (SEG) eine Pressemitteilung zu den neuen EU-Beschlüssen veröffentlicht.
Darin heißt es:
“Insbesondere begrüßt die SEG die Entschlossenheit der Kommission, alle menschlichen Einflüsse wie die Fischerei, die Fluss-Lebensräume, Wasserkraft und andere Wanderhindernisse und auch den illegalen Handel ins Visier zu nehmen. Solange nicht all diese Einflussgrößen mit der gleichen Dringlichkeit verbessert werden, wird die Fangzeitbechränkung allein für eine Erholung der Bestände nicht ausreichen.”
Hier geht’s zur Pressemitteilung der SEG:
http://www.sustainableeelgroup.org/2017/12/13/eu-agrees-to-accelerate-the-recovery-of-the-european-eel/

Foto: © F. Möllers / AVN