
Pressemitteilung, 09.10.2025 |Grundschulkinder der Astrid-Lindgren-Schule stellten am 7. Oktober ihren Heimatbach auf den Prüfstand. Ausgerüstet mit Keschern und Sieben gingen sie auf die Suche nach Kleintieren im Billerbach, der in Bledeln entspringt und bei Dolgen in die Burgdorfer Aue mündet. Die sogenannten Zeigertierchen geben Aufschluss über die Gewässerqualität. Angeleitet wurden die Viertklässler dabei von einem Biologen und einer Ökologin vom Anglerverband Niedersachsen und dem Unterhaltungsverband Fuhse-Aue-Erse. Das Ergebnis: Das Gewässer scheint zwar mäßig belastet zu sein, trotzdem wimmelt es dort von Wasserbewohnern mit teils kuriosen Eigenschaften. „Ein Erlebnis, das sicher noch lange nachwirken wird“, sagt Kristina Haack vom Fachdienst Stadtentwicklung in Sehnde, die die Aktion in die Wege geleitet hatte.
„Hilfe, kann der Käfer beißen?!!“ „Ich habe einen Fisch!“ „Oh, was ist das denn für ein komischer Wurm?“ So tönte es diese Woche hinter dem Spielplatz am Zuckerfabriksweg in Sehnde. Der Grund dafür war eine besondere Exkursion der Klassen 4a und 4b aus der anliegenden Astrid-Lindgren-Schule. Sie waren ausgezogen, um in Sehndes beliebten Naherholungsgebiet den Billerbach einmal buchstäblich unter die Lupe zu nehmen. „Wir finden es wichtig, Kindern zu zeigen, was alles im Wasser lebt“, betont Jesse Theilen vom Anglerverband Niedersachsen (AVN). Doch geht die Lernstunde am Wasser über die bloße Faszination hinaus. Leonie Domas vom Unterhaltungsverbands Fuhse-Aue-Erse (UHV) erklärt, dass Wassertiere verschiedene Ansprüche haben: Findet man beispielsweise Köcherfliegenlarven, die sehr sauberes Wasser brauchen, spricht das für eine gute Wasserqualität. Große Vorkommen von Rattenschwanzlarven – die selbst im Schlamm überleben können – lassen darauf schließen, dass das Fließgewässer nicht intakt ist. Die Untersuchung gab also auch wichtige Hinweise zum Gewässerzustand.
Was lebt im Billerbach?
Es war erstaunlich, was die Kinder im Wasser alles entdeckten. Ein Gelbrandkäfer beeindruckte mit seiner stattlichen Größe von rund drei Zentimetern. Und um auf die Frage „Kann der beißen?“ einzugehen: Ja, das schwimmende Insekt lebt räuberisch und kann auch zubeißen, wenn es sich bedroht fühlt. Ein respektvoller Umgang ersparte den jungen Forschern aber diese Erfahrung. Auch Wasserskorpione, die in Wirklichkeit zu den Wanzen gehören, beförderten die eifrigen Viertklässler ans Licht, ebenso zahlreiche Muscheln, Schnecken und Stichlinge – also sogar kleine Fische.
Und wie steht es nun um die Qualität von Sehndes „Hausbach“?
Spannend für die Beurteilung der Gewässergüte waren die Funde von Libellenlarven, Flohkrebsen und Zuckmückenlarven. Während Libellenlarven gutes Wasser brauchen, sprechen die knallrot gefärbten, wurmähnlich geformten Zuckmückenlarven eher für eine schlechte Wasserqualität. Denn sie können dank ihres roten Blutfarbstoffs auch dann noch Sauerstoff aufnehmen, wenn andere Kleinstlebewesen bereits ersticken würden. Flohkrebse zeigen oft mäßige Belastungen an. Hiervon fanden die Kinder viele Exemplare. Nachdem sie alle Zeigertierchen sortiert und gezählt hatten, wurde die Gewässergüte errechnet. Das Ergebnis: Der Billerbach scheint mäßig belastet. Sein Zustand wäre demnach nicht gut, aber auch nicht kritisch. Natürlich müsste man für fundierte Aussagen mehrere Stichproben durchführen. Doch haben die Beteiligten so einen ersten Eindruck erhalten.
Wasser in der Krise?
Die Veranstaltung wurde von der Stadt Sehnde im Zuge der Ausstellung „Alles im Fluss?! Wasser in der Krise“ im Rathaus initiiert. Tatsächlich ist auch der Billerbach ein Zeichen dieser Krise. So war AVN-Mitarbeiter Jesse Theilen eher überrascht, dass das Rinnsal nicht schlechter abgeschnitten hat. Als Experte hatte er sofort gesehen, dass an dieser Stelle ein schnurgerader Verlauf, steil abfallende Ufer und Wasserlinsen an der Oberfläche auf ein stark degradiertes Fließgewässer hindeuten. Damit ist der Billerbach hierzulande leider eher die Regel als die Ausnahme. Doch es gibt Hoffnung: Der Anglerverband und seine Angelvereine engagieren sich gemeinsam mit anderen Naturschützern und Unterhaltungsverbänden in Projekten zur Gewässerrenaturierung. Warum davon nicht nur Kleinstlebewesen, sondern auch Fische profitieren erklärt der Fischbiologe Theilen so: „Angler wissen, dass es Fischen nur gut geht, wenn sie auch genug zu fressen haben. Und was fressen kleine Fische gern?“ Ein Schüler aus der 4b weiß die Antwort: „Insektenlarven, wie diese hier!“