
Sportfischerverein Hameln baut 1500 m2 große Flachwasserzone. Fische, Insektenlarven und Wasserpflanzen sollen profitieren
Pressemitteilung, 10.10.2025 | Wassermarsch! Mit dem Dammbruch am „Baggersee Tündern am Kiebitzweg“ endete am 10. Oktober ein zweijähriges Bauprojekt für den Naturschutz: Eine ca. 1500 m2 große Flachwasserzone wurde zunächst ausgebaggert und nun geflutet. Mehr als 2500 m3 Erde hat der örtliche Angelverein bewegen lassen, um die Kiesgrube naturnäher zu gestalten. Bäume und Büsche, die dafür gefällt werden mussten, wurden ufernah als Totholz versenkt. Diese neu geschaffenen Strukturen sollen der Artenvielfalt zugutekommen: Denn im abgeflachten Uferbereich und im Schutz des Totholzes können sich nun Wasserpflanzen ansiedeln – zum Vorteil für Insektenlarven und Jungfische, die hier nun Verstecke und Nahrung finden. Das Vorhaben wurde mit 35.000 € von der Niedersächsischen Bingo-Umweltstiftung gefördert.
Mehr Fische durch naturnahe Strukturen
Lohnt sich der Aufwand? „Auf jeden Fall“, ist Ulrich Franke, Vereinsvorsitzender des Sportfischervereins Hameln und Umgegend e.V, überzeugt. Denn sein Vorhaben ist inspiriert von einem Forschungsprojekt namens BAGGERSEE, an dem der Verein sich in den Jahren 2016 bis 2022 beteiligt hatte und das die Wirksamkeit dieser Lebensraumverbesserungen wissenschaftlich nachgewiesen hatte. Der Anglerverband Niedersachsen (AVN) war damals als Praxispartner Teil des Forschungsvorhabens und unterstützte anschließend den Verein bei der Planung seiner eigenen Flachwasserzone. Matthias Emmrich vom AVN erklärt das einfache Erfolgsprinzip der Maßnahme: „Alle, die schon einmal in einem Baggersee baden waren, wissen, dass die Ufer steil abfallen. Somit sind lichtdurchflutete, flache Bereiche, in denen Pflanzen gut wachsen können, Mangelware. Wasserpflanzen sind aber wichtiger Grundpfeiler des Nahrungsnetzes im Gewässer. Denn Kleinstlebewesen ernähren sich davon. Der Fischnachwuchs ist wiederum auf Kleinstlebewesen als Futterquelle sowie pflanzliche Strukturen als Schutz vor Fressfeinden angewiesen. Naturseen bieten diese Strukturvielfalt von sich aus. Künstlich ausgehobenen Kiesteichen – wie in Tündern – kann man mit Flachwasserzonen und Totholz zu mehr Artenreichtum und Fischen verhelfen.“
Am Baggersee Tündern wird noch Kies abgebaut. In der unteren, rechten Ecke sieht man neu die angelegte Flachwasserzone. © Yuliana Angelova für AngelGewässer, HSB
Blick vom tiefen Baggersee auf die deutlich hellere Flachwasserzone am Uferbereich. Im Frühjahr können sich hier Wasserpflanzen ansiedeln, die im Tiefenwasser nicht gedeihen. © Yuliana Angelova für AngelGewässer, HSB
Rund 1500 Quadratmeter groß ist die Flachwasserzone in Hameln. Das ist eine Fläche von etwa sechs Tennisspielfeldern: Reserviert für die Artenvielfalt. © Yuliana Angelova für AngelGewässer, HSB
Schutzzone spart Fischbesatz
Um den neu gewonnen Lebensraum maximal zu unterstützen, haben die Hamelner Anglerinnen und Angler dort auch gleich eine sogenannte Schutzzone eingerichtet. Das heißt, in der neuen Flachwasserzone darf nicht geangelt werden. Franke begründet, warum der Sportfischerverein sich freiwillig selbst einschränkt: „Zum einen liegt uns der Schutz unserer Gewässerökosysteme am Herzen. Zum anderen haben wir als Angelverein auch etwas davon, wenn sich in unserem See der Fischbestand auf natürliche Weise selbst erhalten kann. Die Alternative ist, Fische immer wieder neu nachzubesetzen. Das ist aber auf Dauer auch teuer und birgt Risiken – wie das Einschleppen von Krankheiten.“
Das eingebrachte Totholz dient jungen Fischen als Versteck und beherbergt kleine Fischnährtierchen. Auch Libellenlarven profitieren von hölzernen Strukturen am Wasser © E. Cyrus (AVN)
Ein Fischschutzkäfig: Im Frühjahr wachsen darauf Pflanzen. Ihre Wurzeln ragen ins Wasser und bieten jungen Fischen Schutz. Große Räuber werden durch einen Zaun unter Wasser abgehalten. © E. Cyrus (AVN)
Einer von vier angelegten Amphibienteichen. Sie werden bei Hochwasser mit dem Baggerseewasser gespeist, sind sonst aber speziell auf die Bedürfnisse von Fröschen und Kröten angepasst. © E. Cyrus (AVN)
Starke Gewässerschützer
Angelvereine sind in Niedersachsen zentrale Gewässerpfleger. So auch der Sportfischerverein Hameln. Dieser bewirtschaftet 37 km Weser, zwei Salmonidenflüsse und 13 Bodenabbaugewässer, wie den Baggersee in Tündern. Um die Gewässer kümmern sich ein Fischwirt, 14 Gewässerwarte, 16 Gewässerpaten und drei ausgebildete Elektrofischer, die allesamt im Ehrenamt arbeiten. Der Verein beteiligt sich aktiv am landesweiten Aalschutzprogramm und kümmert sich um den Erhalt von Aal, Barbe, Quappe und Bachforelle in Weser und kleinen Flüssen. Auch bei der Renaturierung der Remte bei Hameln hat der Verein aktiv mitgewirkt.
Ulrich Franke, der Vorsitzende des SFV Hameln, hat es geschafft, viele regionale Akteure von seiner Idee für den Baggersee Tündern zu begeistern und den Bau der Flachwasserzone in die Tat umzusetzen. © E. Cyrus (AVN)
Grillen am Kieswerk: Bei der feierlichen Eröffnung der Flachwasserzone kommt auch der gesellige Teil nicht zu kurz. Gut so, denn die Anglerinnen und Angler engagieren sich ehrenamtlich für den Naturschutz. © E. Cyrus (AVN)
Presseinterview mit dem AVN. Wir haben unseren Mitgliedsverein bei der Planung und Fördermittelakquise unterstützt für das beeindruckende Großprojekt unterstützt. © E. Cyrus (AVN)
Den eigenen Baggersee aufwerten?
Aktuell gibt es deutschlandweit sogenannte Praktiker-Tage, die bis März 2026 interessierten Angelvereinen und Gewässerakteuren zeigen, wie auch sie ihren Baggersee mittels Totholz und Flachwasser zu mehr Fisch- und Artenreichtum verhelfen können. Vom praktischen Totholzbündelschnüren bis hin zu Tipps für Fördermittel ist alles dabei. Erkundigt euch jetzt, welche Termine es in eurer Nähe gibt:
Die Veranstaltungsreihe wird organisiert vom Projekt „AngelGewässer“ der Hochschule Bremen. Dieses knüpft direkt an das Forschungsprojekt BAGGERSEE an, bei welchem der AVN und seine Mitgliedsvereine Praxispartner waren.