
Wie geht es eigentlich dem Bach vor unserer Haustür? Diese Frage stellen sich jährlich die freiwilligen „Gewässerdetektive“ des Flow-Projekts. Mit Gummistiefeln, Becherlupen und jeder Menge Entdeckergeist zogen sie auch im Mai/Juni 2025 ans Wasser. Mit dabei waren der „Fischereiverein Früh Auf Celle“ und der Angelverein „Lecker Bachpaten“ – beide am 14. Juni. Unterstützt wurden sie dabei von Biologen des Anglerverbands Niedersachsen (AVN).
Warum das Ganze?
Die jungen Forschenden waren Teil des bundesweiten Flow-Projekts, das vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) und dem iDiv Leipzig organisiert wird. Ziel des Projekts ist es, sogenannte Bürgerwissenschaftler – also Menschen, die vor Ort leben und freiwillig unterstützen wollen – flächendeckend in die Untersuchung kleiner Fließgewässer einzubeziehen. Auch junge Anglerinnen und Angler können so ihre Gewässer noch besser kennenlernen.
Altencelle: Ein Bach voller Leben, aber auch mit Schlamm
An der Mündung des Osterbruchkanals bei Altencelle war am 14. Juni ordentlich was los. Rund 20 Kinder und Jugendliche der Celler Angeljugend und der NABU-Naturschutzjugend sammelten unter Anleitung von Thorsten Seddig (FV Frühauf Celle) und unterstützt durch die AVN-Biologin Katrin Wolf winzige Wasserbewohner aus dem Bach. Mit Keschern und viel Fingerspitzengefühl wurden Insektenlarven, Flohkrebse und andere Kleinlebewesen vorsichtig aus dem Wasser geholt. “Ich habe schon wieder Eintagsfliegen!”, ruft ein Junge begeistert und hält seinen Kescher hoch. Ein paar Meter weiter beugen sich Mädchen über ein Sieb. Sie sortieren die Tiere vorsichtig nach Kategorien in kleine Schalen. Eine Federstahlpinzette und laminierte Bestimmungsbilder helfen dabei. Die genauere Bestimmung sowie das Zählen und Protokollieren erfolgt gemeinsam mit den Betreuenden. Die Kinder und Jugendlichen der Wasserchemie-Gruppe konnten diesmal schon selbständig arbeiten. Es waren echte Nachwuchswissenschaftler dabei! Die Stimmung ist konzentriert – und voller Staunen.
Makrozoobenthos nennt sich das, was da untersucht wird. Das sind kleinste Lebewesen, die am Gewässergrund leben. Sie sind wie ein Spiegel des ökologischen Zustands. Findet man viele empfindliche Arten wie Eintagsfliegen oder Flohkrebse, ist das ein gutes Zeichen. Und genau das war hier der Fall. Zwar ist die Sohle des Osterbruchkanals zum Teil verschlammt, aber die dicke Blätterschicht dient auch als Nahrungsgrundlage für viele Lebewesen, so dass die Funde insgesamt für eine gute Wasserqualität sprechen. Auch auf die Pestizidbelastung kann man anhand der Kleinstlebewesen Rückschlüsse ziehen. Dies zeigt der sogenannte SPEAR-Index an. Im Osterbruchkanal lag dieser Wert bei 4 – also unbefriedigend. Abzüge gab es ebenfalls für den einförmigen Gewässerverlauf. Punkten konnte das Gewässer mit seinem naturnahen Uferbewuchs.
Nach vier Stunden voller Entdeckungen, Teamarbeit und Naturerfahrung zog Thorsten Seddig, Jugendobmann des FV Frühauf Celle, eine klare Bilanz:
„Das war ein richtig starker Tag für unsere Jugend. Die Zusammenarbeit mit der Naturschutzjugend hier vor Ort hat super funktioniert – das machen wir wieder!“
Ostercappeln: Dem Bach auf den Grund gegangen
Östlich von Osnabrück untersuchten die Lecker Bachpaten mit ihrem ersten Vorsitzenden und AVN-Mitarbeiter Florian Möllers den Krebsburger Mühlenbach. Das kleine Gewässer ist eines der wenigen, das direkt in den Mittellandkanal mündet: Im Zuge des Ausbaus wurden gut zwei Kilometer des ehemaligen Bachlaufes einfach „abgeschnitten“. Oberhalb der Untersuchungsstelle ist das Umfeld des nur einen Meter schmalen Baches auf knapp zwei Kilometern landwirtschaftlich geprägt. Daher rühren vermutlich die hohen Ammonium- und Phosphatwerte, die der Verein ermittelte. Das Ergebnis der Untersuchung fiel daher eher ungünstig aus: Der SPEAR-Index lag bei 4 und spiegelt die Belastung durch Schadstoffe wider. Die Gewässergüte wurde mit Klasse 3 bewertet – also „deutlich verändert“. An zahlreichen Stellen im Verlauf des Baches zeigen sich menschliche Einflüsse, von betonierter Sohle über kurze Verrohrungen bis zu Abstürzen und einem Ausbau im Trapezprofil. Umso erfreulicher, dass die Bachpaten ein Männchen der Blauflügeligen Prachtlibelle beobachten konnten, eigentlich eine Zeigerart für sehr gute Wasserqualität.
Eine wertvolle Arbeit!
Nach Angaben des Flow-Projekts haben sich im Jahr 2025 insgesamt 70 Gruppen auf Gewässeruntersuchung begeben. Mit jeder Larve, die bestimmt wurde, mit jedem Wert, der notiert wurde, ist das Bild von den heimischen Gewässern ein Stück klarer geworden. Das ist wichtig. Denn nur wer weiß, wie es seinem Bach geht, kann sich auch dafür einsetzen.
Mehr zum Flow-Projekt und wie auch du mitmachen kannst:
Bei der sogenannten Kicksampling-Methode wird der Boden mit dem Fuß vorsichtig aufgewühlt und die Tiere in den Kescher gespült. © Thorsten Seddig (FV Frühauf Celle)
Wassertiere fangen im Osterbruchkanal.
© Thorsten Seddig (FV Frühauf Celle)
Auch „Matschepampe“ muss ordentlich auf Kleinstorganismen untersucht werden.
© Thorsten Seddig (FV Frühauf Celle)
Tierchen bestimmen mit AVN-Expertin Katrin Wolf. © Thorsten Seddig (FV Frühauf Celle)
Funde aus dem Krebsburger Mühlenbach. All diese kleinen Lebewesen sind wichtige Botschafter für die Gewässerqualität. © Florian Möllers (AVN)